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John Stuart Mill
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John Stuart Mill (1806-1873)


 

Mill, John Stuart, englischer Philosoph, Nationalökonom und politischer Denker, geb. 20. Mai 1806 in London, gest. 8. Mai 1873 in Avignon. Von seinem Vater James Mill, einem der Füh­rer des älteren englischen Radikalismus, und Jeremy Bentham in streng utilitarisch-radikalem Geiste erzogen, machte sich J. St. Mill erst in reiferen Jahren, nach dem Tode seines Vaters, von diesen Einflüssen teilweise frei. Bis 1858 war er ein hoher Beamter der Ostindischen Kompanie, dann trat er in den Ruhe­stand und widmete sich, von einer dreijährigen Tätigkeit im Parlament unterbrochen, bis zu seinem Lebensende der politi­schen und philosophischen Schriftstellerei. Außer von seinem Vater und Bentham wurde er insbesondere von Comte und St.Smon beeinflusst. Noch heute gilt Mill als Klassiker des sozial gerichteten Liberalismus.

J. St. Mill geht vom Utilitarismus aus, den er in seinem Werk Utilitarianism neu darstellte. Wie sonst meist auch, formuliert er hier eine abstrakte These nur, um sie durch zahlreiche Ein­schränkungen fast wieder aufzuheben. Über den älteren Utili­tarismus hinausgehend, entwickelt er ihn zu einer Ethik der persönlichen Sittlichkeit. Mills politische Hauptwerke sind On Liberty (Über die Freiheit, 1859, eine der klassischen Formulie­rungen des Freiheitsgedankens in der Weltliteratur, und Representative Government (Regierung durch Volksvertretung, 1861). In beredten Worten verteidigt Mill, sich häufig auf Wil­helm von Humboldt berufend, die persönlichen Freiheitsrechte. «Ware die ganze Menschheit eine Meinung und nur ein einziger Mensch  der gegenteiligen Ansicht, so hätte die Menschheit nicht mehr Recht, ihn zum Schweigen zu verurteilen, als er das Recht hätte, die Menschheit zum Schwelgen zu bringen.» Die freie Meinungsbildung und -äußerung ist «eine Notwendigkeit für das geistige Wohlbefinden der Menschheit, von dem ihr gesamtes sonstiges Wohlbefinden abhängt.-» In dem berühmten Kapitel «Über die Individualität als eines der Elemente des Wohlbefin­dens-» versucht Mill eine Sphäre des Einzelmenschen und eine Sphäre der Gesellschaft abzugrenzen. Die erstere umfasst alles, was nur die Interessen des einzelnen berührt, und gehört ihm allein; die zweite umfasst alle Angelegenheiten, die auch das Interesse anderer Menschen berühren, und ist Staatseingriffen unterworfen.

Mit der Begeisterung für die Demokratie vereinigt sich bei Mill die Sorge vor den Fehlern demokratischer Mehrheiten. Die Masse ist die «.kollektive Mittelmäßigkeit-» und neigt dazu, be­deutende Einzelpersönlichkeiten zu unterdrücken. Sie handelt in der Regel nicht nach ihrem wirklichen, sondern nach ihrem scheinbaren Interesse, nicht über den Augenblick hinaussehend. Politisch-intellektuelle Eliten, die weiter blicken, sind daher notwendig; da sie immer Minderheiten sind, müssen diese auch in der Demokratie geschützt werden. Das geeignetste Mittel hierzu sieht Mill im Verhältniswahlrecht. Die Freiheit muss auch gegen die Demokratie und sogar das Individuum selbst ver­teidigt werden; sie ist unabdingbar und kann weder durch frei­willigen Verzicht eines einzelnen noch durch Mehrheitsbeschluss aufgehoben werden. «Das Prinzip der Freiheit kann nicht das Recht in sich schließen, nicht frei zu sein.» Mit diesen Vorbehalten sieht Mill in der «repräsentativen Regierung», d. h. der Regie­rung durch freigewählte Volksvertretungen, die beste Staats­form; die bürgerlichen Grundrechte (persönliche Freiheit, freie Meinungsäußerung, Presse-, Versammlungs- und Koalitions­freiheit) sind ihm selbstverständlich. Er ist für allgemeines Wahlrecht (auch Frauenwahlrecht), doch sollen Gebildete, ein­schließlich der Besitzenden als wahrscheinlicher Bildungsträger, ein Mehrstimmrecht haben. Eine Diktatur durch Einzelpersonen lehnt Mill ab. Immer wieder betont er das Recht auf freie Meinungsäußerung; da «die Menschheit nicht unfehlbar ist, ihre Wahrheiten größtenteils nur Halbwahrheiten sind», ergibt sich, daß im Staate «eine Einheitsmeinung, außer sie resultiert aus vollstem und freiestem Vergleich entgegengesetzter Meinungen, nicht erwünscht und Vielfältigkeit kein Übel, sondern gut ist.»

In seinen Grundsätzen der Volkswirtschaftslehre stellte Mill fest, daß in der gegebenen Gesellschaftsform das Arbeitsprodukt «fast in umgekehrtem Verhältnis zur geleisteten Arbeit» angeeignet werde. Hiervon und von einer grundsätzlichen Be­jahung der sozialen Gesetzgebung ausgehend, gelangte er in späteren Jahren zu einem System, das er selbst Sozialismus zu nennen bereit war und das auf einer Kombination von Boden­reform, kapitalistischer Erzeugung und sozialistischer Vertei­lung beruhte. Auf den englischen Sozialismus hatte Mill namentlich auf dem Wege über die Fabier erheblichen Einfluss.

 

 

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Stand: 06. Juli 2001